Fragt die Lüneburger Landeszeitung bzw. der Winsener Anzeiger, nachdem ich von den Seevetaler Ratskollegen ein bisschen „angeschossen“ wurde. Als „Clickbait“ ist die Überschrift aber nicht schlecht, deshalb klaue ich das hier. Inhaltlich ist das ist natürlich Unsinn. Ich freue mich, dass wir Liberalen hier wie dort für unsere Wähler eintreten. Wobei wir natürlich eine Stellvertreterdiskussion führen, weil die anderen Fraktionen, die in Winsen und Seevetal eigentlich jeweils unserer Meinung sind, sich zurückhalten. Das ist schade. Ich scheue grundsätzlich keine Auseinandersetzung, wenn sie lösungsorientiert ist. Da bin ich in diesem Fall guter Dinge, auch wenn hier und da mal ein schärferer Ton angeschlagen werden mag.
Hier der Artikel der Landeszeitung
Hier nun unsere Winsener Antwort als offener Brief an die Seevetaler Parteifreunde:
An die
FDP Fraktion im Gemeinderat von Seevetal
z.Hd. Herren Ivens und Schnügger
per Email
Kopie:
Pressevertreter
Nachrichtlich:
FDP Kreisverband Harburg-Land
Stadt Winsen (Luhe)
24.10.2025
Offener Brief an den FDP-Ortsverband Seevetal
Betrifft:
Stellungnahme der FDP Seevetal zur Beschlussfassung des Rates der Stadt Winsen (Luhe) zum „Ausbau des DB-Schienennetzes im Bereich Hamburg-Hannover – Stand Alpha E – Neubaustreckenalternative – Fortgang der Planung“ vom 7.10.2025 (veröffentlicht unter Anderem im Winsener Anzeiger vom 23.10.2025, S. 3)
Lieber Herr Ivens,
lieber Jens,
liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde in Seevetal,
wir möchten Euch im Wege eines offenen Briefes auf Eure jüngste Stellungnahme zur Schienenverbindung zwischen Hamburg und Hannover antworten.
Lasst uns zunächst festhalten, was uns eint: Wir wollen den Schienenverkehr auf der Nord-Süd-Achse verbessern. Wir wollen alle die hoffnungslose Überlastung der heutigen Verbindung, die sowohl mitten durch Seevetal als auch durch Winsen führt, endlich beheben und für unsere Pendlerinnen und Pendler die bestmögliche Lösung erreichen. Ebenso wollen wir alle die von Aus- oder Neubau betroffenen Menschen umfassend informieren und ihre Interessen bestmöglich vertreten.
Ihr kritisiert, Winsen sei „plötzlich“ für eine Neubaustrecke, seit wir selbst stärker betroffen seien. Wir können diese Kritik dem Grunde nach nachvollziehen, möchten aber auf einige wesentliche Punkte aufmerksam machen:
In die Diskussion um die Streckenvarianten im Dialogforum Schiene Nord sind die betroffenen Regionen mit unterschiedlichen Voraussetzungen gegangen. Der Westkreis hat sich seit den 1990er Jahren konsequent gegen die sogenannte Y-Trasse ausgesprochen und diese letztlich verhindert. Winsen hingegen hatte gerade erst den Neubau des dritten Gleises zwischen Stelle und Lüneburg mitten durch die Stadt abgeschlossen – ein Projekt, das die Stadt im Sinne der Pendlerinnen und Pendler trotz erheblicher Belastungen konstruktiv begleitet hat.
Lärmschutzmaßnahmen, neue Brücken und Tunnels – all das wurde umgesetzt, bevor die Strecke 2014 in Betrieb ging. Winsen hat damit seinen Beitrag bereits geleistet und wäre auch bereit gewesen, zusätzlichen Verkehr auf der Bestandsstrecke hinzunehmen. Niemand hier hätte einem Kompromiss über einen Ausbau zugestimmt, wenn klar gewesen wäre, dass all dies nur wenige Jahre später erneut aufgerissen werden müsste, um ein viertes Gleis zu verlegen.
Die Bahn hat nach unserem Verständnis damals zugesagt, die Ausbauvariante Alpha E auf ihre Wirtschaftlichkeit hin erneut zu prüfen – mit dem Ergebnis, dass sie nur dann halbwegs tragfähig wäre, wenn man durchgehend bis Lüneburg ein viertes Gleis baut. Das ist weder in Lüneburg noch in Winsen realistisch, ohne massive Eingriffe und Enteignungen vorzunehmen – genau das, was Ihr bei einer Neubaustrecke zu Recht kritisiert. Auch die oft geäußerte Behauptung, ein Ausbau des Bestandes sei deutlich schneller zu realisieren als ein Neubau, ist vor diesem Hintergrund in Zweifel zu ziehen, da das vierte Gleis faktisch einem Neubau „unter dem rollenden Rad“ gleichkäme, wie es unser Bürgermeister André Wiese treffend formuliert hat. Wer einmal versucht hat, eine Küche zu renovieren, während darin noch gekocht wird, weiß, wie schwierig das ist.
Historisch betrachtet sind die Gegner einer Neubaustrecke vielfach von erfolgreichen Protesten geprägt, während wir in Winsen uns bislang kompromissbereit gezeigt haben. Doch irgendwann muss man anerkennen, dass technische, wirtschaftliche und ökologische Grenzen erreicht sind. Nach aktuellen Studien der Bahn und unabhängiger Gutachter ergibt sich, dass eine Neubaustrecke unter dem Strich die besseren Werte bei Leistungsfähigkeit, Umweltverträglichkeit und Gesamtbelastung der Bevölkerung aufweist als jeder Ausbau entlang der Bestandsstrecke.
Natürlich ist allen klar: Die Entscheidung, welche Variante letztlich umgesetzt wird, fällt nicht bei uns vor Ort. Sie wird auf Bundesebene getroffen – durch den Bundestag beraten vom Bundesverkehrsministerium, das nach den jüngsten Entwicklungen deutlich ergebnisoffener an das Thema herangeht, während das Land Niedersachsen bislang eher auf Alpha E festgelegt erscheint. Genau deshalb halten wir es für so wichtig, dass wir Freie Demokraten in der Region nicht gegeneinander, sondern miteinander argumentieren – faktenbasiert und lösungsorientiert.
Wenn Landrat und Bürgermeister sich demonstrativ vor den Türen einer Informationsveranstaltung der Bahn positionieren, statt hineinzugehen, ist das medienwirksam, aber sicher kein Beitrag zur Lösung. Und wenn eine Gemeinde der Bahn das Betreten von Grundstücken untersagt, damit keine Planung möglich wird, hilft das niemandem weiter.
Wir in Winsen haben beim dritten Gleis frühzeitig den Dialog gesucht und konnten so gemeinsam mit der Bahn, der Stadtverwaltung und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern einen tragfähigen Kompromiss erreichen – trotz großer Herausforderungen. Dasselbe zehn Jahre später noch einmal von vorn zu beginnen, mit noch weniger Platz, können und wollen wir den Menschen hier nicht mehr vermitteln. Das sagen wir ausdrücklich mit Verständnis für Eure Situation.
Wir möchten Euch daher herzlich bitten, auch Verständnis für unsere Lage zu haben und die Debatte so sachlich wie möglich zu führen. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass die unvermeidbaren Belastungen so gering wie möglich ausfallen und die Chancen für unsere Region genutzt werden.
Wir schlagen vor, dass wir gemeinsam den FDP-Kreisverband um Moderation bitten, um ein gemeinsames Verständnis über die nächsten Schritte zu finden. Und wir in Winsen sind jederzeit bereit, unsere Erfahrungen mit dem dritten Gleis mit Euch zu teilen, wenn die Grundsatzentscheidung für eine Neubaustrecke fällt und es darum geht, sie so verträglich wie möglich zu gestalten.
Mit freundlichen, liberalen Grüßen aus Winsen
Eure Kolleginnen und Kollegen aus der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Winsen (Luhe)
Nino Ruschmeyer Dr. Joachim Münch Henry Falkenberg
