Droht der Partei eine Spaltung?

Fragt die Lüneburger Landeszeitung bzw. der Winsener Anzeiger, nachdem ich von den Seevetaler Ratskollegen ein bisschen „angeschossen“ wurde. Als „Clickbait“ ist die Überschrift aber nicht schlecht, deshalb klaue ich das hier. Inhaltlich ist das ist natürlich Unsinn. Ich freue mich, dass wir Liberalen hier wie dort für unsere Wähler eintreten. Wobei wir natürlich eine Stellvertreterdiskussion führen, weil die anderen Fraktionen, die in Winsen und Seevetal eigentlich jeweils unserer Meinung sind, sich zurückhalten. Das ist schade. Ich scheue grundsätzlich keine Auseinandersetzung, wenn sie lösungsorientiert ist. Da bin ich in diesem Fall guter Dinge, auch wenn hier und da mal ein schärferer Ton angeschlagen werden mag.

Hier der Artikel der Landeszeitung

Für alle, die kein online Abo von WA / LZ haben, hier eine Wiedergabe der Seevetaler Sicht ohne Paywall

Hier nun unsere Winsener Antwort als offener Brief an die Seevetaler Parteifreunde:

An die                                                                                                         

FDP Fraktion im Gemeinderat von Seevetal

z.Hd. Herren Ivens und Schnügger

per Email

Kopie:

Pressevertreter

Nachrichtlich:

FDP Kreisverband Harburg-Land

Stadt Winsen (Luhe)

24.10.2025

Offener Brief an den FDP-Ortsverband Seevetal

Betrifft:

Stellungnahme der FDP Seevetal zur Beschlussfassung des Rates der Stadt Winsen (Luhe) zum „Ausbau des DB-Schienennetzes im Bereich Hamburg-Hannover – Stand Alpha E – Neubaustreckenalternative – Fortgang der Planung“ vom 7.10.2025 (veröffentlicht unter Anderem im Winsener Anzeiger vom 23.10.2025, S. 3)

Lieber Herr Ivens,
lieber Jens,
liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde in Seevetal,

wir möchten Euch im Wege eines offenen Briefes auf Eure jüngste Stellungnahme zur Schienenverbindung zwischen Hamburg und Hannover antworten.

Lasst uns zunächst festhalten, was uns eint: Wir wollen den Schienenverkehr auf der Nord-Süd-Achse verbessern. Wir wollen alle die hoffnungslose Überlastung der heutigen Verbindung, die sowohl mitten durch Seevetal als auch durch Winsen führt, endlich beheben und für unsere Pendlerinnen und Pendler die bestmögliche Lösung erreichen. Ebenso wollen wir alle die von Aus- oder Neubau betroffenen Menschen umfassend informieren und ihre Interessen bestmöglich vertreten.

Ihr kritisiert, Winsen sei „plötzlich“ für eine Neubaustrecke, seit wir selbst stärker betroffen seien. Wir können diese Kritik dem Grunde nach nachvollziehen, möchten aber auf einige wesentliche Punkte aufmerksam machen:

In die Diskussion um die Streckenvarianten im Dialogforum Schiene Nord sind die betroffenen Regionen mit unterschiedlichen Voraussetzungen gegangen. Der Westkreis hat sich seit den 1990er Jahren konsequent gegen die sogenannte Y-Trasse ausgesprochen und diese letztlich verhindert. Winsen hingegen hatte gerade erst den Neubau des dritten Gleises zwischen Stelle und Lüneburg mitten durch die Stadt abgeschlossen – ein Projekt, das die Stadt im Sinne der Pendlerinnen und Pendler trotz erheblicher Belastungen konstruktiv begleitet hat.

Lärmschutzmaßnahmen, neue Brücken und Tunnels – all das wurde umgesetzt, bevor die Strecke 2014 in Betrieb ging. Winsen hat damit seinen Beitrag bereits geleistet und wäre auch bereit gewesen, zusätzlichen Verkehr auf der Bestandsstrecke hinzunehmen. Niemand hier hätte einem Kompromiss über einen Ausbau zugestimmt, wenn klar gewesen wäre, dass all dies nur wenige Jahre später erneut aufgerissen werden müsste, um ein viertes Gleis zu verlegen.

Die Bahn hat nach unserem Verständnis damals zugesagt, die Ausbauvariante Alpha E auf ihre Wirtschaftlichkeit hin erneut zu prüfen – mit dem Ergebnis, dass sie nur dann halbwegs tragfähig wäre, wenn man durchgehend bis Lüneburg ein viertes Gleis baut. Das ist weder in Lüneburg noch in Winsen realistisch, ohne massive Eingriffe und Enteignungen vorzunehmen – genau das, was Ihr bei einer Neubaustrecke zu Recht kritisiert. Auch die oft geäußerte Behauptung, ein Ausbau des Bestandes sei deutlich schneller zu realisieren als ein Neubau, ist vor diesem Hintergrund in Zweifel zu ziehen, da das vierte Gleis faktisch einem Neubau „unter dem rollenden Rad“ gleichkäme, wie es unser Bürgermeister André Wiese treffend formuliert hat. Wer einmal versucht hat, eine Küche zu renovieren, während darin noch gekocht wird, weiß, wie schwierig das ist.

Historisch betrachtet sind die Gegner einer Neubaustrecke vielfach von erfolgreichen Protesten geprägt, während wir in Winsen uns bislang kompromissbereit gezeigt haben. Doch irgendwann muss man anerkennen, dass technische, wirtschaftliche und ökologische Grenzen erreicht sind. Nach aktuellen Studien der Bahn und unabhängiger Gutachter ergibt sich, dass eine Neubaustrecke unter dem Strich die besseren Werte bei Leistungsfähigkeit, Umweltverträglichkeit und Gesamtbelastung der Bevölkerung aufweist als jeder Ausbau entlang der Bestandsstrecke.

Natürlich ist allen klar: Die Entscheidung, welche Variante letztlich umgesetzt wird, fällt nicht bei uns vor Ort. Sie wird auf Bundesebene getroffen – durch den Bundestag beraten vom Bundesverkehrsministerium, das nach den jüngsten Entwicklungen deutlich ergebnisoffener an das Thema herangeht, während das Land Niedersachsen bislang eher auf Alpha E festgelegt erscheint. Genau deshalb halten wir es für so wichtig, dass wir Freie Demokraten in der Region nicht gegeneinander, sondern miteinander argumentieren – faktenbasiert und lösungsorientiert.

Wenn Landrat und Bürgermeister sich demonstrativ vor den Türen einer Informationsveranstaltung der Bahn positionieren, statt hineinzugehen, ist das medienwirksam, aber sicher kein Beitrag zur Lösung. Und wenn eine Gemeinde der Bahn das Betreten von Grundstücken untersagt, damit keine Planung möglich wird, hilft das niemandem weiter.

Wir in Winsen haben beim dritten Gleis frühzeitig den Dialog gesucht und konnten so gemeinsam mit der Bahn, der Stadtverwaltung und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern einen tragfähigen Kompromiss erreichen – trotz großer Herausforderungen. Dasselbe zehn Jahre später noch einmal von vorn zu beginnen, mit noch weniger Platz, können und wollen wir den Menschen hier nicht mehr vermitteln. Das sagen wir ausdrücklich mit Verständnis für Eure Situation.

Wir möchten Euch daher herzlich bitten, auch Verständnis für unsere Lage zu haben und die Debatte so sachlich wie möglich zu führen. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass die unvermeidbaren Belastungen so gering wie möglich ausfallen und die Chancen für unsere Region genutzt werden.

Wir schlagen vor, dass wir gemeinsam den FDP-Kreisverband um Moderation bitten, um ein gemeinsames Verständnis über die nächsten Schritte zu finden. Und wir in Winsen sind jederzeit bereit, unsere Erfahrungen mit dem dritten Gleis mit Euch zu teilen, wenn die Grundsatzentscheidung für eine Neubaustrecke fällt und es darum geht, sie so verträglich wie möglich zu gestalten.

Mit freundlichen, liberalen Grüßen aus Winsen

Eure Kolleginnen und Kollegen aus der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Winsen (Luhe)

Nino Ruschmeyer  Dr. Joachim Münch  Henry Falkenberg

FDP Winsen: „Alpha E muss vom Tisch – auch wenn die Redezeit zu kurz war“

In der Winsener Stadtratssitzung am 7. Oktober hat FDP-Fraktionsvorsitzender Nino Ruschmeyer als einziger neben dem Bürgermeister zum Thema Bahntrasse / Alpha E gesprochen – und dabei klare Worte gewählt:


„Wenn man unbequeme Wahrheiten aussprechen will – und damit auch der eigenen Kreistagsfraktion widerspricht –, braucht man ein schnelles Pferd – oder wenigstens eine gute Vorbereitung“, eröffnete Ruschmeyer augenzwinkernd seine Rede.

Seine Kernaussage:

Alpha E genügt den Anforderungen des Deutschlandtakts nicht – die Variante entlang der A 7 ist langfristig die bessere Lösung.

Winsen selbst sei dann kaum direkt betroffen, doch es gelte, die Nachbargemeinden zu unterstützen, „damit sie so wenig wie möglich belastet werden“.

Die A 7-Variante biete Chancen auf geringere Landschaftszerschneidung und eine bessere Bündelung der Infrastruktur.

Wichtig sei, Orte nicht abzuschneiden und moderne Schallschutztechnik zu nutzen.
Kritikpunkte aus den Gemeinden seien berechtigt – „aber lösbar, wenn man Planung und Mensch zusammendenkt“.

Nach gut fünf Minuten Redezeit war dann allerdings – streng nach Geschäftsordnung – Schluss.

Was Ruschmeyer noch hätte betonen wollen, wenn die Zeit gereicht hätte:

„Die Neubautrasse darf nicht mitten durch Dörfer führen, sondern muss dichter an die Autobahn. Eingriffe in die Natur können grundsätzlich ausgeglichen werden – zerschnittene Ortschaften heilen kaum wieder zusammen.“

Auf die Kritik von SPD-Fraktionschef Michael Schulze, es habe eine Absprache gegeben, das Thema nicht zu diskutieren, reagiert Ruschmeyer im Nachhinein gelassen:
„Demokratie lebt vom offenen Wort. Wir haben uns einer entsprechenden Absprache als FDP-Fraktion auch nicht angeschlossen.“

Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu:

„Dass sich die FDP in Land- und Bundestag im Moment eine Auszeit gönnt, ist hier ausnahmsweise mal von Vorteil. Anders als andere Fraktionen müssen wir auf Landtags- oder Bundestagsabgeordnete keine Rücksicht nehmen und haben auch keine Ratsmitglieder, die gleichzeitig im Kreistag sitzen.

Deshalb können wir als Stadtratsfraktion freier für Winsener Interessen eintreten.

Unsere Verantwortung gilt in erster Linie den Winsener Bürgerinnen und Bürgern – unsere Solidarität den Menschen in den betroffenen Nachbargemeinden.

Alpha E muss im Winsener Interesse vom Tisch.

Dass wir damit eine andere Auffassung vertreten als die FDP-Kreistagsfraktion, halte ich für völlig in Ordnung.“

FDP-Fraktion beantragt Umbenennung von „Uhlenbusch“ in „Elsa-Stern-Gasse“ – Eindeutige Adressierung und historisches Gedenken im Fokus

Winsen (Luhe), 6. Oktober 2025 – Die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Winsen (Luhe) hat einen Antrag eingebracht, der die Umbenennung des westlichen Abschnitts der Straße „Uhlenbusch“ zwischen Bahnhofstraße und Brahmsallee in „Elsa-Stern-Gasse“ vorsieht. Ziel des Antrags ist es, eine eindeutige Adressierung zu ermöglichen und zugleich ein Zeichen des Gedenkens an eine bemerkenswerte Frau aus der Winsener Geschichte zu setzen.

„Mit der Umbenennung schaffen wir nicht nur Klarheit bei der postalischen Zuordnung, sondern setzen auch ein würdiges Zeichen für die Erinnerungskultur in unserer Stadt“, erklärt Nino Ruschmeyer, Vorsitzender der FDP-Fraktion. „Elsa Stern hat in einer Zeit größter Gefahr menschliche Größe und Haltung gezeigt. Dies sollte im öffentlichen Raum sichtbar gemacht werden.“

Doppelte Straßennamen sorgen für Verwirrung

Die Straße „Uhlenbusch“ existiert sowohl in Winsen als auch in Drage – beide mit der Postleitzahl 21423. Durch diese Doppelung kommt es regelmäßig zu Zustellproblemen bei Postsendungen und zu Fehlleitungen bei Dienstleistungen. Besonders betroffen sind die Hausnummern im westlichen Teil der Straße. Hinzu kommt eine verwirrende Hausnummerierung, die weder dem Berliner noch dem Pariser System entspricht.

„Für viele ist es reiner Zufall, ob ihre Post korrekt ankommt“, so Ruschmeyer weiter. „Das ist auf Dauer unzumutbar – gerade für die Gewerbetreibenden, aber auch für Notdienste oder Lieferdienste.“

Erinnerung an Elsa Stern als Namensgeberin

Mit dem neuen Namen „Elsa-Stern-Gasse“ soll eine Frau geehrt werden, die mit ihrem Ehemann Bernhard Stern ein Bekleidungsgeschäft an der Bahnhofstraße betrieb und 1941 in ein Vernichtungslager deportiert und ermordet wurde. Elsa Stern blieb trotz einer möglichen Schonfrist freiwillig an der Seite ihres jüdischen Mannes – ein Akt großer persönlicher Solidarität.

„Wir wollen bewusst eine Frau in den Fokus rücken, deren Name bislang über einen ‚Stolperstein‘ hinaus kaum sichtbar ist – obwohl sie mit ihrem Handeln große moralische Stärke bewiesen hat“, erklärt Ruschmeyer. „Die räumliche Nähe zum ehemaligen Wohn- und Geschäftsort der Eheleute Stern macht die Benennung umso passender.“

Weitere Maßnahmen vorgesehen

Die FDP schlägt vor, die betroffenen Anwohner*innen vor der endgültigen Beschlussfassung im Rat anzuhören. Zudem soll die Stadtverwaltung prüfen, ob weitere doppelte Straßennamen im PLZ-Gebiet 21423 bestehen und gegebenenfalls Gespräche mit der Samtgemeinde Elbmarsch führen. Auch soll geprüft werden, welche weiteren Straßenschilder mit sogenannten „Legendenschildern“ – kurzen biografischen Hinweisen – ergänzt werden könnten.

Kulturpolitische Initiative mit Weitblick

Der Antrag wird zunächst im Kulturausschuss beraten. Die endgültige Beschlussfassung im Rat soll laut Vorschlag der FDP in der ersten Sitzung des Jahres 2026 erfolgen, um ausreichend Zeit für Beteiligung, Planung und Umsetzung zu gewährleisten.

„Wir möchten nicht einfach nur eine Straße umbenennen. Uns geht es um eine ausgewogene Entscheidung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger – und um ein Signal für eine lebendige, verantwortungsbewusste Erinnerungskultur“, so Ruschmeyer abschließend.

Die FDP will keinen Klimaschutz…

…musste ich mir heute von Bernd Meyer (Grüne) im Planungsausschuss anhören. Das ist natürlich kompletter Blödsinn und das habe ich auch so genannt. Was war passiert? Die Grünen haben beantragt, dass wir immer und in allen Neubaugebieten vorschreiben, dass 50% der Dachflächen mit Photovoltaikanlagen (vulgo Solarzellen) belegt werden müssen. Auch, oder vielleicht gerade weil ich der einzige Bundestagskandidat im Raum war, hatte ich mir fest vorgenommen, nicht Bundespolitik zu diskutieren, sondern bei der Sache zu bleiben, für die ich nun mal in den Stadtrat gewählt worden bin: Die Sinnhaftigkeit solcher Vorschläge vor Ort zu diskutieren.

Bin ich leider in der deutlichen Minderheit mit. Mein Argument war im Wesentlichen, dass man doch die Bauherren nicht für dumm halten muss und dass, wenn es sich wirklich so rechnet, wie die Herren gebetsmühlenartig wiederholen es erst recht keine Vorschriften geben muss, die den ökonomischsten Weg vorschreiben. Ich hatte mich vor dem oben genannten skandalösen Anwurf im Wesentlichen darauf beschränkt zu sagen, dass Bauen doch im Moment schon teuer genug sei und es kaum sinnvoll sein kann, einerseits über hohe Mieten usw. zu jammern und andererseits Vorschriften zu machen, die das Bauen objektiv verteuern.

Nach der o.g. Replik musste ich allerdings doch die CO2 Politik meiner Partei kurz referieren, weil sie m.a. die einzig sinnvolle ist. Und dabei tatsächlich auf der richtigen Ebene auf mehr statt weniger Regulierung setzt. Wir wollen den Gesamtausstoß an CO2 gesetzlich festschreiben. Wir geben CO2 Zertifikate aus und nehmen jedes Jahr etwa 10% „weg“ mit Ansage. Dann kann derjenige, der es etwa durch Innovationen schafft weniger auszustoßen, die Kosten an jemand anderen durchleiten, der das nicht geschafft hat. Der Preis entsteht dann „von alleine“ und das Ziel wird erreicht. Und ja es muss dann auch Sanktionen für diejenigen geben, die mehr ausstoßen als sie dürfen und ja, das kriegt man hin. Vielleicht ist das zu einfach, als dass man das als politischen Vorschlag ernst nimmt?

Wir geben das Ziel vor und die Wirtschaft muss es erreichen. Wie sie will. Das ist auch das Problem mit diesem Grünen-Vorschlag, über den wir zu diskutieren hatten. Wenn jemand einfach nur sein Dach begrünen und z.B. mit einer Wärmepumpe heizen wollte, darf er das nicht, auch wenn die Öko-Bilanz möglicherweise viel besser ist als mit den PV-Anlagen. Ich kann damit leben, dass wir uns Ziele setzen und auf deren Einhaltung pochen. Wenn aber viele Wege nach Rom führen, muss ich nicht unbedingt allen vorschreiben durch den Brenner zu fahren. Das kann nur schief gehen!

Nochmal Haushalt 2020 Stellungnahme an die Schulleiter

Der abgelehnte Haushalt stellt – zu meinem Bedauern – auch eigentlich dringend notwendige Maßnahmen für unsere Schulen in Frage, was mehrere Schulleiter unserer Grundschulen mit einer Email des Bedauerns an die Vertreter der Fraktionen, die gegen den Haushalt gestimmt haben, zum Ausdruck gebracht haben. Da meine Antwort dem Grunde nach so ähnlich auch an alle Vereinsvertreter gehen könnte und ggf. wird, veröffentliche ich sie hier.

CDU und SPD giften sich im Moment öffentlich an und geben sich gegenseitig die Schuld dafür, dass wir keinen Haushalt haben. Wir sind uns unserer Verantwortung und unseres Beitrages hierzu sehr bewusst und stehen zu unserer Position erläutern sie:

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift. Keiner der von Ihnen genannten Punkte wurde von der FDP Fraktion in Frage gestellt. Wir haben in der Tat trotz immenser – nicht mehrheitsfähiger – Sparbemühungen sämtliche bildungsrelevanten Positionen im Ergebnis bejaht.

 

Allerdings gab es Gründe für die Ablehnung des Gesamthaushaltes, die insgesamt und in Abwägung der für und wider dazu geführt haben, dass wir dem Zahlenwerk unsere Zustimmung versagen mussten – dies nicht etwa leichtfertig sondern weil die Entwicklung aus unserer Sicht insgesamt in eine völlig falsche Richtung lief und es unsere vornehmste Aufgabe ist, als gewählte Ratsmitglieder unter Betrachtung aller Positionen am Ende genau diese Entscheidung zu treffen.

 

Ich möchte Ihnen das eingedenk der Berichterstattung der letzten Tage einmal erläutern – wobei ich für uns jedenfalls auf Argumente wie „die CDU habe eine Quittung erhalten“ o.Ä. verzichten kann:

 

Richtig ist, dass wir freien Demokraten scheinbar als einzige erkannt haben, dass wir spätestens in ein paar Jahren sehen müssen, wie wir die geplant aufgenommenen Schulden in zweistelliger Millionenhöhe (ich lasse die genaue Höhe hier offen – es war von bis zu 64 Mio Ende 2023 die Rede – wir haben allerdings durch eine Anfrage klären können, dass es ganz so schlimm nicht wird) zu tilgen anfangen müssen. Wir haben im Moment schon die höchsten Steuereinnahmen, die wir je hatten – das wäre nach den meisten volkswirtschaftlichen Theorien jetzt die Situation Schulden zu tilgen, die man dann auf nimmt, wenn man die Wirtschaft durch Investitionen stützen muss, weil sie grade nicht brummt. Das ist noch nicht so weit.

Die Gewerbesteuer wird im Haushalt für die nächsten Jahre aber auch jedes Jahr mit einer halben Million mehr prognostiziert, wo man schon Zweifel haben kann. Wenn wir es schaffen, wie in diesem Jahr immer so 500.000 € „über“ zu haben, kann der Rat also für mindestens 50 Jahre nichts neues mehr machen, wenn er die Schulden tilgen will.

 

Sodann haben wir erstmal entschieden, dass wir keine eigenen Anträge stellen würden „die Geld kosten“ – obwohl uns da einiges eingefallen wäre; z.B.: weiterer Ausbau der Ratsinformation, Fortschreibung des Flächennutzungsplanes und Abschaffung des Restes der Hundesteuer („lächerliche“ 55.000 €), Sanierung der Großen Gänseweide (eigentlich dringend notwendig). Dann haben wir die großen Kostenpositionen bewertet – die Innenstadtmaßnahmen (Kostenpunkt 11-12 Mio) waren ohnehin schon abgestimmt und das zu Kippen u.A. gar nicht zulässig – deshalb haben wir auch der „Ausgleichsaufforstung“ zugestimmt. Abgelehnt haben wir dann, jeweils mit Gründen die Vorschläge

a) der Verwaltung:

Aufstockung Stellenplan an verschiedenen Punkten (jeweils mit einzelner Begründung)

„Naturbad“ weil nur auf Pump zu finanzieren

b) der CDU

die verschiedene „Show“-Anträge zum Thema „Baum und Grün“ gestellt hatten, die insgesamt nicht mit rd. 30.000 € oberflächlich gar nicht so teuer gewesen wären allerdings massiv Personalkapazität in der Verwaltung binden würden. Was alle anderen Fraktionen scheinbar nicht so gesehen haben. Die Aufstockung der „Sanierungszuschüsse“ haben wir demgegenüber sogar mitgetragen, weil für deren Bearbeitung die Infrastruktur zumindest steht. Das Haus der Vereine, weil möglicherweise „nice to have“ aber vor dem Hintergrund des Gesamthaushaltes nicht guten Gewissens finanzierbar.

c) der SPD

die völlig unpraktikable Anträge zum Thema „bezahlbares Wohnen“ gestellt und damit gezeigt hatte, dass Sie zwar nette Ziele verfolgt, aber schlicht keine Ahnung hat, wie Wohnungsbaufinanzierung funktioniert. In Sachen „Mitarbeiter für Digitales“ waren wir demgegenüber gar nicht so weit auseinander auch wenn die Diskussion gezeigt hat, dass wir uns darunter etwas völlig anderes vorstellen, hatten wir hier sogar den Bedarf nach einer neuen Stelle dem Grunde nach gesehen.

d) der Grünen

die die Planungsmittel für die weitere Planung einer Ortsumfahrung für Luhdorf und Pattensen streichen wollten. Das verbot sich, weil wir einerseits vertraglich gebunden sind und andererseits dort eine Befragung gab, die eine Mehrheit erhalten hat. Wenn wir den Plan fertig ist und in der Schublade liegt kann er außerdem dann rausgeholt werden, wenn in Zeiten konjunktureller Krise wir froh sind Aufträge zu vergeben (was dem Grunde nach für alle Investitionen gilt – Schul- und Kinderbetreuungsbauten offensichtlich außen vor – hier sehen wir die Notwendigkeit auch auf der Zeitschiene)

 

Nur mit der Auffassung zu c) und d) gab es im Rat eine Mehrheit. Für unsere Ablehnung gab es, meine ich, handfeste Gründe.

 

Um noch einmal auf die Darstellung anderer Fraktionen in der Presse einzugehen – das sind  – jedenfalls von unserer Seite aus keine „Machtspielchen“. Dass wir mit „99% des Haushaltes einverstanden gewesen wären“ stimmt auch nicht und zu guter Letzt haben wir die Wiederwahl von André Wiese unterstützt, so dass wir mit „verlorene Bürgermeisterwahl nicht verdaut“ wohl kaum gemeint sein können. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es wohl primäre Aufgabe der CDU als größter Fraktion sein dürfte, eine Mehrheit zu beschaffen. Hier hat es ein Gesprächsangebot an uns gegeben, wo ich vor dem Hintergrund alles oben stehenden zutreffend in Zweifel gezogen habe, ob das so wahnsinnig sinnvoll ist – damit die Zeit genutzt werden kann sich mit Fraktionen zu einigen, die dem Grunde nach dichter zusammen liegen. Da wir Ausgaben in Zweifel gezogen und nicht mehr verlangt hatten, gab es objektiv nicht viel anzubieten, das man uns „für eine Zustimmung“ hätte „geben“ können.

 

Gleichwohl bedauern wir natürlich, dass es am Ende keinen Haushalt gegeben hat, weil unter anderem Sie und auch unsere Vereine darunter leiden, was ja auch richtigerweise immer wieder herausgestellt wird. Deshalb sind wir auch bereit, über eine Zustimmung weiter zu verhandeln, wenn man uns in den Punkten a) und b) oben entgegen kommt.

 

Ich hoffe, dass ich Ihnen unsere Position hier – die natürlich mit Ihren kurzfristigen Interessen nicht vereinbar ist, zumindest ein wenig verständlicher machen konnte und verbleibe

 

mit freundlichen Grüßen, den besten Wünschen für eine besinnliche Weihnachtszeit und in der Hoffnung, dass sich die von Ihnen mit Recht aufgezeigten Probleme möglichst bald auflösen

 

Nino Ruschmeyer

 

Vorsitzender Gruppe FDP im Rat der Stadt Winsen (Luhe)

Nachtrag: Sofern statt einer zusätzlichen Stelle in der Verwaltung im Hochbau ein externes Architekturbüro die (Schul-)Sanierung planen kann, erfährt dies unsere Zustimmung. Warum das nur ein städtischer Angestellter tun kann, der natürlich auch nach Abschluss der Maßnahmen weiter beschäftigt werden müsste, erschließt sich uns nicht. Sollten Sie hier über konkrete Informationen verfügen, die wir noch nicht berücksichtigt haben, werden wir unsere Haltung an der Stelle natürlich noch einmal ergebnisoffen prüfen.

 

Haushalt abgelehnt – meine Erklärung an die FDP Mitglieder

… auf die am Ende aufgeworfene Frage, darf mir natürlich auch jeder Andere seine Meinung sagen….

Liebe Parteifreunde,

es wird momentan von der CDU in Winsen kolportiert, dass der Haushalt der Stadt an eine sog. „Einfach-Dagegen-Koalition“ Koalition „der Verantwortungslosigkeit“ aus SPD, Grünen, AfD und uns gescheitert wäre. Soweit der Eindruck erweckt wird, dass die ablehnenden Fraktionen den Haushalt „einträchtig“ abgelehnt hätten, muss ich dem entschieden entgegen treten: Es gibt keine „Koalition in der Opposition“. Tatsächlich waren sich die ablehnenden Fraktionen alles andere als einig – sonst hätten sie ja mit Mehrheit einen anderen Haushalt beschlossen.

Zustimmung zum Haushalt hatte einzig die CDU nebst „Anhang“ (Waldau/Rieck) signalisiert. Weil sie mit dem Ergebnis der Einzelabstimmungen im Wesentlichen zufrieden war.

Die SPD hatte – aus unserer Sicht – unpraktikable und im Ergebnis mindestens teure Anträge gestellt, die keine Mehrheit gefunden haben und den Haushalt im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass die CDU ihren Stiefel durchsetzen wollte und insoweit nicht kompromissbereit gewesen sei.

Die Grünen haben sich vor allem daran gestört, dass die Mittel für die weitere Planung der Ortsumfahrung Luhdorf-Pattensen nicht aus dem Haushalt gestrichen wurden und fanden ihn daher nicht zustimmungsfähig. Der einzige Ratsherr der Linken, die mit den Grünen eine Gruppe bilden, ist vor der Haushaltsabstimmung plötzlich und ohne für mich oder auch nur die Grünen nachvollziehbare Begründung buchstäblich „weggelaufen“ – hat seinen Rucksack geschnappt und die Stadthalle verlassen.

Wir freien Demokraten hatten zunächst große Ausgabenpositionen, die ansonsten eine breite Mehrheit bei den übrigen Fraktionen hatten, abgelehnt. Konkret hatten wir insbesondere vergeblich versucht, neue Stellen in der Verwaltung zu verhindern. Vor dem Hintergrund der prognostizierten galoppierenden Verschuldung (von 6,4 Mio auf 54 Mio in 4 Jahren laut Kämmerer) haben wir konsequenterweise auch den Gesamthaushalt abgelehnt.

Die einzigen, denen man vorwerfen kann, dass sie ohne sachlichen Grund abgelehnt haben, ist die AFD-Fraktion. Zitat Pfreundschuh: „Wir von der AfD haben der CDU angeboten, dem Haushalt zuzustimmen. Das einzige was wir wollten war, dass man sich ergebnisoffen zusammensetzt und über die Probleme von Winsen einmal spricht. Das hat die CDU abgelehnt.“

Daraus folgt objektiv: Da der Linke Ratsherr vor der Haushaltsabstimmung „weggelaufen“ war, hätte der Haushalt so, wie er sich nach den Einzelabstimmungen darstellte, mit den Stimmen von CDU und AfD beschlossen werden können.

Richtig ist, dass die Vereine usw. darunter leiden, dass ohne Haushalt auch keine Zuschüsse fließen können. Das bedauern wir. Richtig erscheint mir aber auch zu sein, dass das allein kein Grund sein darf, einen Haushalt zu beschließen, der den Erwartungen der eigenen Partei und ihrer Wähler an nachhaltige Haushaltspolitik diametral entgegen steht. Die Bewertung der einzelnen Beiträge zu diesem Ergebnis sei jedem selbst überlassen. Zu sagen, wer dem Haushalt zugestimmt hat ist gut und die anderen sind böse, wird der Sache allerdings nicht im Ansatz gerecht.

Erläutert werden muss auch der an unsere Adresse gerichtete Vorwurf der CDU, wir hätten uns in die Haushaltsberatungen nicht eingebracht und „aus Prinzip“ abgelehnt. Tatsächlich steht der von uns verfolgte Ansatz dem aller anderen Ratsfraktionen diametral gegenüber. Während die – die CDU eingeschlossen – mehr oder weniger sinnvolle politische Anträge gestellt haben, die alle mit Kosten verbunden sind, und die wir mit wenigen Ausnahmen – egal aus welcher Richtung sie kamen – abgelehnt haben.

Wir erinnern uns, dass die Haushaltsdiskussion um den 10. September mit dem ersten Anschreiben des Kämmerers, in dem von für Ende 2023 ein Schuldenstand von 64 Millionen prognostiziert worden waren, begonnen hat. Die Fraktion hat dann bereits zu dem Zeitpunkt erstmal unsere Zustimmung für teure Großprojekte auf Eis gelegt und das Gespräch mit dem Ortsverband der FDP gesucht. Allein die Tatsache, dass wir uns insoweit zunächst enthalten und Bedenken bezüglich der Finanzierbarkeit geäußert haben, hat Teile der CDU dazu bewogen uns bereits zu diesem Zeitpunkt massiv anzugreifen, so dass klar erschien, dass wir große Schwierigkeiten bekommen würden mit der CDU einen Sparhaushalt durchzubekommen. Zusätzlich wurden da die im letzten Jahr gemeinsam beschlossenen Positionen klein und schlecht geredet.

Statt uns damit zu befassen, welche FDP-Wünsche, die im Zweifel natürlich Geld gekostet hätten, wir jetzt noch zusätzlich einbringen könnten, war die einhellige Auffassung, dass wir über eine Anfrage zunächst herausfinden, welche möglicherweise noch nicht einbezogenen Einnahmen zu erwarten stehen und dann noch einmal weiter überlegen.  Das haben wir dann getan und einstimmig im Ortsverband befunden, dass wir insbesondere teuren, dem Grunde nach im Haushalt angelegten Posten „Naturbad“ und „Haus der Vereine“ leider nicht näher treten können, wenn wir die Verschuldung in einem für uns vertretbaren Rahmen halten wollen. Das habe ich dann André Bock auf ein Gesprächsangebot seinerseits auch so signalisiert. Dies Ausdrücklich mit dem Hinweis, er möge nach anderen Mehrheiten suchen, denn nach der bis dahin erfolgten Diskussion war für mich klar, dass der Abstand zwischen uns und der CDU vom Grundansatz her wesentlich weiter auseinander lag, als die CDU mit anderen Fraktionen. Die von einer großen Mehrheit gegen uns getragenen „Baumanträge“ mögen dann hier auch als Beispiel dienen. Es war und ist unsere Überzeugung, dass politische Verhandlungen nach dem Muster „Ihr bekommt das und dafür bekommen wir das“ das Gegenteil von solider Haushaltspolitik zum Ergebnis haben.

Vor der Ratssitzung haben wir uns dann noch einmal den Stellenplan vorgenommen und zugegeben erst kurz vor der Ratssitzung einen Antrag eingereicht, wonach wir Stellenmehrungen außer im Bildungsbereich ablehnen, allerdings eine weitere Stelle für „digitale Bürgerbeteiligung“ fordern. Mit Begründungen für bzw. gegen die einzelnen Stellen.  Angekündigt hatte ich diesen Antrag bereits im Verwaltungsausschuss vor der Ratssitzung, so dass er jedenfalls nicht völlig überraschend kommen konnte. Man hält uns hierzu vor allem vor, die m.A. korrekte Formulierung des Antrages wäre zu kompliziert gewesen, erscheint mir allerdings wie eine Schutzbehauptung vor: Man kann den durchaus verstehen, man will es nur nicht.

Nun steht die Stadt also ohne Haushalt dar. Die Frage ist, ob und wenn unter welchen Bedingungen ich das Gespräch mit den anderen Fraktionen suchen soll. Die CDU als stärkste Fraktion steht hier natürlich am ehesten in der Pflicht, eine Mehrheit zu suchen – das „Finger-auf-Andere-zeigen“, das im Moment sowohl CDU als auch SPD betreiben, die mit öffentlichen Schuldzuweisungen um sich werfen, erscheint mir da wenig hilfreich zu sein.  Dass die CDU die sich kein Bein ausgerissen hat, um auf andere zuzugehen um eine Mehrheit zu finden, erscheint mir jedenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein.

Tatsächlich dürfte es allerdings so sein, dass, egal mit wem die CDU sich auf einen Haushalt einigt, es die Stadt und folgende Generationen noch teurer zu stehen kommt als der jetzt in Rede stehende Haushalt. Ich könnte mir daher eventuell vorstellen in Verhandlungen einzusteigen, wobei allerdings für unsere Zustimmung zum Haushalt folgende Punkte nicht verhandelbar wären:

  • Keine neuen Stellen außer für Bildung und „Digitales“ wobei ich bei der konkreten Ausgestaltung des zweiten Punktes einigermaßen offen wäre
  • Kein Naturbad
  • Kein „Haus der Vereine“
  • Die „Baum-Anträge“ der CDU werden revidiert

Sinnvoll wäre aus unserer Sicht auch die endgültige Abschaffung der Hundesteuer in den Raum zu stellen, sowie endlich eine überfällige Fortschreibung des Flächennutzungsplanes. Beide Punkte hatten wir dieses Jahr gar nicht erst eingebracht, weil beides im Ergebnis Geld „kostet“ wobei eine Steuerabschaffung natürlich eine Entlastung und etwas anderes ist als Mehrausgaben und eine Flächennutzungsplan Fortschreibung schlicht notwendig, wenn auch bislang leider nicht mehrheitsfähig. Ob die oben genannten Sparmaßnahmen ausreichen um den Bürgern eine Steuererhöhung spätestens in drei bis vier Jahren zu ersparen – da bin ich mir immer noch nicht sicher, aber wenn sich die CDU mit einer anderen Fraktion einigt, wird es noch schlimmer.

 

Was meint Ihr?

 

Ich wünsche allerseits besinnliche Weihnachtstage und wenn wir uns nicht mehr sprechen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

Liebe Grüße

Nino Ruschmeyer

 

Vorsitzender Gruppe FDP im Rat der Stadt Winsen (Luhe)

Ein eigener Absatz im Europawahlprogramm

Bin schon ziemlich stolz drauf, dass der Europaparteitag einfach mal so aufgrund meines Antrags einen ganzen neuen Absatz zu Verbraucherrechten ins Wahlprogramm geschrieben hat.

Außerdem wurde Nicola Beer auf Platz eins, Jan Christoph Oetjen auf Platz 5 und ich auf Platz 23 gewählt. So hoch auf einer Liste für ganz Deutschland zu stehen ist schon etwas! Als Pressemitteilung sieht das ganze dann so aus:

Ruschmeyer auf Platz 23 der Bundesliste zur Europawahl

Winsener Liberaler schreibt Verbraucherrechte ins Europawahlprogramm

 

Berlin – Der Kreisvorsitzende der FDP Harburg-Land und Vorsitzende der FDP Fraktion im Rat der Stadt Winsen Luhe, Nino Ruschmeyer, wurde am vergangenen Wochenende in Berlin auf der Bundesliste der Freien Demokraten auf Platz 23 gewählt. Damit ist ein Einzug ins Europaparlament eher unwahrscheinlich.

 

Trotzdem ist der Winsener zufrieden, denn nach Jan-Christoph Oetjen aus Sottrum, der mit Listenplatz fünf mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Europarlament einziehen wird, ist Ruschmeyer damit der zweiter Niedersachse auf der Liste.

 

Der Winsener Jurist wurde vom stellvertretenden Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalens, Joachim Stamp für seinen Listenplatz vorgeschlagen, nachdem sich die Parteivorsitzenden der Bundesländer auf eine Reihung verständigt hatten.

 

Mit Ausnahme der CDU/CSU, die Listen für die einzelnen Länder aufstellt, treten alle deutschen Parteien mit Bundeslisten zur Europawahl an.

 

Besonders freut sich Ruschmeyer, dass der Europaparteitag seinen Änderungsantrag zum Programm übernommen hat. Ruschmeyer, der als Verbraucherschutzanwalt mit seiner Kanzlei KIS-legal Deutschlandweit die Pauschalentschädigung aufgrund der europäischen Fluggastrechteverordnung einklagt, hatte angeregt, die europarechtliche Pauschalentschädigung auch auf andere Sachverhalte zu übertragen. Im Europawahlprogramm der FDP gibt es jetzt die Unterüberschrift „Verbraucherrechte auch bei Dienstleistungen stärken“, wo es heißt:

 

„Wir Freie Demokraten stehen für ein Europa, in dem der Verbraucher auch multinationalen Unternehmen auf Augenhöhe begegnen kann. Dabei gilt es, den Gedanken der Pauschalentschädigung bei Schlecht- oder Nichtleistung im Dienstleistungsbereich weiter zu verfolgen und zu prüfen, ob er auf andere Sachverhalte, wie etwa Ausfälle bei der Strom- oder Kommunikationsversorgung, übertragen werden kann.“

Für diesen Passus reklamiert Ruschmeyer die Urheberschaft.

 

„Wenn ein Unternehmen vertragsbrüchig wird und dem Verbraucher dadurch ein Schaden entsteht, muss er diesen nach deutschem Recht bis zum letzten Cent nachweisen, was oftmals dazu führt, dass Schadenersatzansprüche nicht verfolgt werden. Nach angelsächsischem Recht würde der einzelne Verbraucher den gesamten Gewinn abschöpfen, den das Unternehmen durch die Pflichtverletzung erzielt hat. Mit der Fluggastrechteverordnung hat die Europäische Union einen guten Mittelweg gefunden, wonach der Verbraucher pauschalen Schadenersatz verlangen kann, wenn sein Flug zu spät kommt oder gestrichen wird, ohne den oftmals unmöglichen Nachweis über den konkreten Schaden zu führen. Das sollte man auch auf andere Sachverhalte übertragen“, sagte Ruschmeyer zur Begründung.

 

Hier spiegele sich sein persönliches Wahlkampfmotto „Europa vom Menschen her denken und nicht umgekehrt“ wieder:  „Ich glaube an den Mehrwert, den Europa für jeden Einzelnen seiner Bürger darstellt und ich kämpfe dafür, dass die Europäische Union von den Menschen wieder als hilfreich und nicht als Belastung empfunden wird.“

 

Warum hat die Kinderbetreuung im Haushaltsrat so wenig Platz eingenommen?

Es ist nach 22 Uhr. Es ist lausig kalt. Es soll über den Antrag der Grünen/SPD verhandelt werden, wonach wesentlich mehr Geld in die Kinderbetreuung wandern soll. Viele interessierte Eltern sind im Zuschauerraum. Die frieren genauso wie die Ratsmitglieder.

Cornell Babendererde (CDU) meldet sich… Zur Geschäftsordnung. Sie appelliert an die Redner sich kurz zu fassen, denn das Thema sei ja schon durchdiskutiert, es sei kalt und wir wollen nach Hause. Mir schießen zwei Gedanken durch den Kopf: „Ja, ich friere und will nach Hause – sie hat recht.“ und „Die Zuschauer warten seit Stunden auf genau diesen Showdown. Das ist grad irgendwie instinktlos“.

Buh-Rufe aus dem Publikum verstärken den zweiten Eindruck. In der Tat hat der Rat vorher über andere Dinge mehr gerungen. Ich bin für diesen Tagesordnungspunkt aber auch seltsam emotionslos. Warum eigentlich?

Es gibt im Recht den Grundsatz „ultra posse nemo tenetur“. Das heißt auf Deutsch in etwa – wenn etwas nicht geht, dann geht es nicht – und dann kann man dazu niemanden verpflichten. So ungefähr geht es mir mit dem Grün-SPD Antrag zur Kinderbetreuung. Da wird gefordert, dass wir sehr viel Geld mehr verplanen, um nach der Abschaffung der Horte die Betreuung so zu machen, wie sie vorher war.

Ich erinnere mich daran, wie wir die Horte eingeführt haben. Mussten wir nicht. Wollten wir aber. Hat irre viel Geld gekostet. Wir haben es trotzdem gemacht. Dann kam aus Hannover irgendwann das Signal „Hey, wir können Ganztagsschule machen“. Da ging dann das Problem los. Dass es null Sinn ergibt, Horte zu betreiben, wenn gleichzeitig die Schule die Kinder bei sich behält, kapiert wohl jeder. Aus dem System auszusteigen, auch wenn es weh tut, war damit folgerichtig.

Allerdings haben die Horte einiges gemacht, was – aus dem System heraus – mit der Ganztagsschule nicht geht. Frühbetreuung zum Beispiel. Was mir echt weh tut. Ich  habe ich nicht öffentlicher Sitzung auch verschiedene Leute aus der Stadtverwaltung angebrüllt. Dass wir das machen müssen. Antwort: „Wir finden halt keinen, der sich morgens um sieben hinstellt um eine Stunde auf die Kiddies aufzupassen und dann wieder ins Bett geht“. Verstehe ich schweren Herzens.

Genau das ist aber auch wirklich das Problem mit dem SPD/Grünen Antrag gewesen: Es wäre eigentlich nur Verarsche (sorry ich finde kein besseres Wort) den Eltern gegenüber gewesen: Wir wollen alles mögliche und stellen dafür Geld bereit – am Ende des Tages hätte es aber nicht funktioniert. Das sagen uns alle, die Kinderbetreuung grundsätzlich machen. Sie können es nicht, weil sie verständlicherweise nicht das Personal finden, das so flexibel wäre.

Damit war aber auch jede Diskussion eigentlich überflüssig und Cornell hatte recht. Sorry, wenn ich das nicht mehr in der Ratssitzung gesagt habe, aber das hätte das Frieren ja auch nur verlängert…..

Winsener Haushalt 2019 – ein schwarzgelber Kompromiss

„Das ist doch Klüngelei“ – überschreibt das Wochenblatt am 29.12.2018 seinen Artikel – und nimmt damit den Anwurf der Opposition im Winsener Stadtrat auf – die kritisiert, dass sich die CDU und FDP Gruppen auf einen gemeinsamen Haushalt geeinigt haben. Ich nenne das einen Kompromiss für die Stadt finden. Und um dem Vorwurf zu begegnen, wir hätten hier Hinterzimmer-Klüngelei betrieben, lege ich gern offen, wie es zu dem gemeinsamen Haushalt gekommen ist.

Ich finde es nämlich ein wenig verstörend, dass hier der Kompromiss als anrüchiger „Deal“ dargestellt wird. Es trifft zu, dass André Bock und ich uns beide über Wochen den Hintern aufgerissen haben, damit unsere Stadt in das Jahr 2019 starten kann mit einem beschlossenen Haushalt, der nicht zuletzt dafür notwendig ist, dass unsere Vereine und Verbände pünktlich die Zuschüsse erhalten, die sie für ihr Überleben brauchen! Hätte es keine Einigung gegeben, dann hätte es in Winsen zum Jahreswechsel eine „Miniversion“ des „Government Shutdown“ gegeben. Das muss man bitte bei Allem im Hinterkopf behalten.

Grüne und SPD haben es auch in ihren Haushaltsreden überdeutlich gemacht: Sie wollen den Wechsel im Bürgermeisteramt und haben ja ihre Kandidatin dafür in Stellung gebracht. Das ist auch in Ordnung – das ist Demokratie. Allerdings war deshalb auch für die CDU klar, dass sie diesmal mit den „Linken“ gar nicht über den  Haushalt zu verhandeln braucht. (Das hat sie in der Vergangenheit schon oft gemacht und Ausgabenorgien waren dann die Folge).

Was wäre denn aus Sicht der Grün-Linken besser gewesen, als wenn die Stadt unter André Wieses Führung zum Jahreswechsel im Chaos versunken wäre? Das war allen Beteiligten klar. Mir vor allem. Man stelle sich vor, Winsen hätte keinen Haushalt beschlossen – wer hätte wohl die  Schuld bekommen? Natürlich die FDP! – ich hätte die Torte des Jahres im Gesicht gehabt. „Besser kein Haushalt als ein schlechter Haushalt?“ – Christian Lindner kann von dem Effekt ein Lied singen.

Vor diesem Hintergrund hatte ich  für die Verhandlungen einerseits gute Karten – nämlich dass die CDU uns unbedingt brauchte, um einen Haushalt beschließen zu können – andererseits musste aber auch ein Kompromiss her, mit dem alle Mitglieder der Gruppen leben können würden. Was ich André Bock trotz des grundsätzlich vertrauensvollen Verhältnisses nicht sagen konnte: Den Haushalt abzulehnen war für mich diesmal nie wirklich eine Option – trotzdem musste ich Pokern und damit drohen – sonst hätte meine Partei mir mit Recht einen Vogel gezeigt.

Vor dem Hintergrund haben André Bock und ich uns dann das erste mal im November getroffen um auszuloten, ob und wie wir einen gemeinsamen Haushalt hinbekommen würden. Ich hatte von meiner Partei ein paar Beschlüsse im Gepäck, von denen die Erwartungshaltung war, dass ich sie umsetzen würde. Zu meiner Überraschung hatte die CDU in zwei Themengebieten – nämlich  WLAN in der Innenstadt und Multimediaterminals statt der alten Schaukästen vor dem Marstall- unabhängig von uns in etwa dieselben Beschlüsse gefasst. Sich hierauf zu verständigen war entsprechend einfach. Gleichzeitig hatte sich meine Partei aber auch die Abschaffung der Hundesteuer auf die Fahnen geschrieben. Eine Steuer, die aus dem 18. Jahrhundert stammt und mal dazu gedacht war, Luxustiere zu besteuern. Ziemlich aus der Zeit gefallen und ein Hauptargument war tatsächlich auch, dass das Eintreiben der Steuer ja auch Kosten verursacht. In Anbetracht eines 60 Millionen Haushaltes waren die etwas über 100.000 € auch ein zu vernachlässigender Posten.

In den Gesprächen wurde immer deutlicher, dass die CDU Gruppe als Ganzes eine Abschaffung der Hundesteuer nicht mittragen würde. Die Erwartungshaltung der FDP war für den Fall eigentlich, dass wir dann sagen würden „dann halt nicht“.  Wir haben uns dann in allerletzter Sekunde wechselseitig drauf verständigen können, dass wir statt der Abschaffung die Halbierung durchsetzen würden. So wie André Bock seine Leute überzeugen musste, dass dieser Kompromiss für das Wohl der Stadt notwendig ist, musste ich das mit meiner Partei auch tun. Ich sage ganz ehrlich, dass mir noch am Nachmittag des Haushaltsrates noch nicht klar war, ob wir das hinbekommen würden. Ich hatte mich schon drauf eingestellt, dass ich entweder meiner Partei oder der Stadt in den Rücken fallen muss. Das waren stressige Stunden – bevor ich wusste, die CDU und wir stehen zu den Abmachungen und wir beschließen den Haushalt zusammen. Das ist Politik – da ist nichts Anrüchiges dran. Wir haben uns am Ende auf halber Strecke geeinigt.

Dass wir Geld einplanen würden für mehr Ferienbetreuung, weil wir Sicherheit schaffen wollen für die Eltern  in  2019 war demgegenüber auch ein Selbstgänger. Darauf konnten wir uns schnell einigen. Dabei war uns allerdings wichtig, dass wir nicht mehr versprechen würden, als wir halten können würden. Wahrscheinlich schreibe ich dazu noch mal etwas.

Natürlich kann man jetzt sagen, dass der Kompromiss ein Schlechter ist, weil sich das Verhältnis von Einnahmen zu Kosten der Erhebung der Steuer noch verschlechtert hat. ABER: Ich bin davon überzeugt, dass die Zahl der Hunde jetzt nicht explodieren wird. Die Halbierung ist damit ein erster Schritt zur Abschaffung. Nächstes Jahr bekommen wir das ja vielleicht hin.